Bike & Hike am Wildkogel

Text Holger Schaarschmidt & Bild David Schultheiß
Geschichten

Von Käse und Kristallen

Beim Abendessen erzählt unser Guide Andi von Klammen und Wasserfällen, von weit abgelegenen Almen und einem ausgedehnten Mountainbike-Wegenetz, das sich bis zum Nationalpark Hohe Tauern erstreckt. Die Talradwege und Forstwege in die Talgründe der tiefen Tauern- und Sonnseitentäler sowie der Tauernradweg von den Krimmler Wasserfällen durch den Pinzgau bieten optimales Terrain für E-Biker wie ambitionierte Bikefexe. Früher, als das Mountainbiken noch nicht so hip war und die Bikes eher Mittel zum Zweck, nutze man sie, um so weit wie möglich in die langen Seitentäler der Hohen Tauern, ins Herz des Nationalparks, vorstoßen zu können, berichtet Andi. Wenn Fahren schließlich nicht mehr sinnvoll war, stellte man das Bike ab und der Weg zum Gipfel wurde zu Fuß fortgesetzt. Heute nennt man das neudeutsch „Bike und Hike“ und wird in der Wildkogel-Arena mit ihren langen Gipfelzustiegen aktuell immer populärer, schmunzelt Andi mit diesem schwärmenden Blick. Unsere Abenteuerlust ist bereits entfacht.

Aus der MTB Region Wildkogel Arena

 
 

Nationalpark Hohe Tauern

Wenn das Tal, wo die Dinger herkommen, genauso schön ist wie die Steine selbst, sind wir definitiv auf dem richtigen Weg, denke ich. Im Museum Bramberg haben wir einen kurzen Zwischenstopp eingelegt, um die Nationalparkausstellung „Smaragde und Kristalle“ zu besichtigen. Ihnen hat das Habachtal – als einziges Smaragdvorkommen Europas – seinen Spitznamen „Tal der Smaragde“ zu verdanken. Im benachbarten Untersulzbachtal gibt es so große und schöne Epidotkristalle wie sonst nirgends auf der Welt. Wir erinnern uns an Andis Erzählungen am Vorabend und die Berichte von den spektakulären Aussichtsgipfeln Larmkogel und Keeskogel. Ersteren erreicht man über das Habachtal, zweiteren über das Obersulzbachtal.

Wenn das Tal, wo die Dinger herkommen, genauso schön ist wie die Steine selbst, sind wir definitiv auf dem richtigen Weg.

Ewig könnte man dem staubenden Gletscherwasser zuschauen, doch die Aussicht auf eine wärmende Einkehr und die Brettjause treibt uns weiter. 50 Meter stürtzt hier der Untersulzbach in die Tiefe.

Einfach nur episch!

Handgemachter Bergkäse aus dem Pinzgau. Auf der urigen Finkalm gewährt die Almwirtin gern einen EInblick in ihr uraltes Handwerk.

Bike & Genuss vs. Bike & Hike

Das Untersulzbachtal ist unser erstes Ziel. Insgeheim hoffe ich, selbst auf einen taubeneigroßen Bergkristall zu stoßen, denn was man findet, darf man behalten, nur der Abbau mithilfe von Werkzeugen ist verboten. Die Forststraße windet sich bei gemächlicher Steigung in immer tieferen Fichtenwald hinein. Es regnet und die Gipfelambitionen schwinden. Die Talwände werden zunehmend steiler und zerklüfteter. Wasserfälle stürzen an den senkrechten Steilwänden in die Tiefe, fließen über unseren Weg und uns beim Durchqueren in die Schuhe. Ständig müssen wir anhalten und unsere Köpfe in die Höhe recken, um dem Naturschauspiel zuzuschauen. Der Waldboden ist moosüberwuchert, die Fichten tragen dicke Flechten an ihren Ästen. Wir lassen unsere Bikes stehen und wandern in eine enge Klamm, in welcher der Untersulzbach 50 Meter senkrecht in die Tiefe rauscht. Ewig könnte ich dem staubenden Gletscherwasser zuschauen, doch die Aussicht auf eine wärmende Einkehr und die Brettljause treibt uns weiter. Nach ein paar weiteren Serpentinen erreichen wir die Finkalm auf 1.400 Meter. Ein rustikaler Stall mit ein paar Kühen, die Milch für den Pinzgauer Bergkäse liefern, eine Stube mit Kachelofen, an dem wir unsere nassen Sachen zum Trocknen aufhängen – mehr braucht es in diesem Moment nicht, um uns glücklich zu machen. Die jüngsten Nachkommen spielen vor der Hütte mit den beiden Hofhunden, die Almwirtin gewährt uns derweil Einblick in das uralte Haus, das aussieht, als sei die Zeit hier, so weit hinten im Tal, seit 1807 einfach stehen geblieben. Wir genießen die Einkehr, schauen dem vom Dach rinnenden Regen zu, vertagen unsere „Bike und Hike“-Tour und machen Pläne für unseren nächsten Aufenthalt in der Wildkogel-Arena.

Die Kürsinger Hütte

Dann heißt es für uns: weitere 500 Höhenmeter kurbeln, zur Talstation der Materialseilbahn der Kürsinger Hütte, Bikes abstellen und schließlich auf Schusters Rappen zum 3.290 Meter hohen Keeskogel kraxeln. Dass die Einkehr auf der aussichtsgewaltigen Kürsinger Hütte des Österreichischen Alpenvereins hervorragend ist, versteht sich von selbst. In unseren Köpfen formen sich Bilder; Andi scheint unsere Gedanken lesen zu können und grinst. Während der Abfahrt lasse ich die Schönheit der Natur, die hier wilder anmutet als in anderen Tälern, noch einmal voll und ganz auf mich wirken. Der Zauber dieses Tals, sich wie in einer eigenen, verwunschenen Welt zu fühlen, hält an, bis uns der Forstweg wieder an der Hauptstraße ausspuckt. 

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