Savognins Highlights

Text & Bild Jens Scheibe
Geschichten

Von der Jurte zum Million Stars Hotel

„Halt an!“, tönt es vom Beifahrersitz, „da müssen wir unbedingt reinspringen!“ Die gleißende Sonne spiegelt sich auf der kräuselnden Wasseroberfläche des Inns, während die Reifen unseres Autos knirschend im Schotter zum Stehen kommen. Schnell in die Badeklamotten geschlüpft, und wenige Augenblicke später liegen wir bei strahlendem Sonnenschein im eiskalten Wasser. Schon die Anreise von Innsbruck in Richtung Graubünden ist ein absolutes Highlight.

 
 
Savognins Highlights
Savognins Highlights

Der Turmbau zu Babel - alias der Theaterturm

Entlang des malerischen Flusslaufs, durch verträumte Orte und weitläufige Bergpanoramen erreichen wir nach einer atemberaubenden Fahrt den Julierpass. „Was ist DAS denn?!“, fragen wir uns, als wir auf 2.300 Metern inmitten der hochalpinen Landschaft einen eigenwilligen roten Turm erblicken. Stühle können wir erkennen, eine Treppe … bis kurz vor unserem ersten Stopp in Bivio spekulieren wir, was es mit dem eigenwilligen Bauwerk auf sich hat.
„Das“, lacht Martina, die Besitzerin des Hotels Post in Bivio, „ist der Turmbau zu Babel! Im Ernst“, bekräftigt sie, als sie unsere perplexen Mienen sieht, „das ist unser neuestes Theaterhaus. Und es zitiert den babylonischen Turm und verweist damit auf den Sprachreichtum – Rätoromanisch mitsamt seinen sechs Dialekten – in unserer Kulturregion. Habt ihr schon mal vertikales Bühnenspiel erlebt?“ Wir schütteln die Köpfe – und sind doch sofort gebannt von dem, was das Surses da wohl zu bieten hat. „Es braucht schon Erfindergeist in dieser Region, die wunderschöne Naturräume aufweist, heute aber doch sehr von Abwanderung betroffen ist. Erfindergeist und Durchhaltevermögen“, erklärt Martina. Sie weiß, wovon sie spricht, führt sie doch in achter Generation das altehrwürdige Hotel Post; das Surses, das von Tiefencastel bis zum Julierpass reicht, war einst wichtige Transitstation. Wir werden die Talschaft, die von den Albula- und Oberhalbsteiner Alpen begrenzt wird, die nächsten zwei Tage mit unseren E Bikes erkunden.

Bike Region Savognin

Gasthof Piz Platta - Eine Einkehr hier ist Pflicht!

Savognins Highlights

Wenn es richtig heiß wird empfiehlt sich ein Bad im Fluss Julia oder im See Lai Barnagn.

Auf den Spuren der Römer

Nach einem reichhaltigen Frühstück im feinen Saal mit knarzenden Dielenböden schwingen wir uns auf unsere E Bikes und folgen einer jahrtausendealten Verbindung Richtung Süden. Der Septimerpass mit seiner Scheitelhöhe von 2.310 Metern diente schon den alten Römern als einer der wichtigsten Alpenübergänge. Bei Ausgrabungen in den Jahren 2007 und 2008 wurde direkt oberhalb des Passüberganges ein noch gut erkennbares römisches Feldlager aus der augustinischen Kaiserzeit entdeckt. Wir freuen uns über die leichte Kurbelei in prickelnder Morgenluft und die unglaublich schöne Landschaft mit ihren sanften Rundungen. „Das hier muss im Winter ein wahres Skitourenparadies sein!“, sind wir überzeugt – eine Einschätzung, die später von Martina beherzt bestätigt wird. Kurz vor dem Septimerpass verlassen wir die „Alpine Bike Route 1“, die uns weiter ins Bergell und von dort ins Engadin führen würde, und parken unsere Räder hinter einem großen Findling. Zu Fuß wollen wir weiter zum Piz Lunghin, Europas einziger Dreifachwasserscheide. Ein Regentropfen hat hier die freie Wahl, in drei verschiedene Meere zu gelangen: Richtung Norden in Atlantik und Nordsee, Richtung Süden ins Mittelmeer oder Richtung Osten ins Schwarze Meer. Vom Gipfel aus soll man eine gigantische Aussicht über die Oberengadiner Seenplatte und die majestätische Bernina Gruppe genießen, hieß es. Nur zieht leider ganz bergtypisch und so schnell dichter Nebel auf, dass wir es bei einem Picknickabstecher in die Flanken des vorgelagerten Motta da Sett belassen.

Bike Region Savognin

Der Septimerpass: Hier marschierten schon die Römer entlang.

Eine Nacht in einer Jurte auf der Alp Flix

Unser nächster Stopp heißt: Mongolei. Zumindest fühlt es sich so an, als wir nachmittags nach einer relativ schweißtreibenden Auffahrt auf der „Verflixten Tour“ vor unserer nächsten Unterkunft stehen. Die original Jurten vor der weitläufigen Gras- und Moorlandschaft der Alp Flix, die schnell dahinziehenden grauen Wolken … wir fühlen uns um 8.000 Kilometer in den wilden Osten versetzt! Die Jurten sind das Werk von Bergbauer und Visionär Alfons Cotti, der ganz und gar auf sanften Tourismus auf dieser „Schatzinsel der Artenvielfalt“ setzt. Die Hochebene, auf knapp 2.000 Metern gelegen, gehört wie die umliegenden Gebiete zum Parc Ela, dem größten Naturpark der Schweiz. Er umfasst etwa
550 Quadratkilometer, 200 davon sind weitgehend unberührte Natur. Als wir im pittoresken Berghaus Piz Platta unseren Hunger mit hausgemachten Capuns (mmmm!) stillen und in der Tourismusbroschüre des Parc Ela blättern, sind wir fasziniert, wie viele wirklich tolle Aktionen – von Kräutersammlungen über den Bau von Trockenmauern bis hin zu Greifvogelbeobachtungen – angeboten werden. Ein Urlaub hier, so viel ist klar, muss sich nicht allein aufs Mountainbiken beschränken! Auch wenn wir, wie überall in Graubünden, von „Fairtrail“ profitieren: Wanderer und Mountainbiker nutzen die Wege gemeinsam und gehen respektvoll miteinander um.

Savognins Highlights Alp Flix

Das Schlafen im Rund der Jurten auf der Alp Flix fühlt sich ganz besonders heimelig an.

Bike Region Savognin

Wer braucht schon eine Dusche, wenn es frisches, eiskaltes Quellwasser gibt?

Zu Gast im "Million Stars Hotel"

Am nächsten Morgen folgen wir einer abwechslungsreichen Wald- und Wiesenabfahrt flussabwärts Richtung Savognin, dem Hauptort des Surses. Aber natürlich nicht, ohne vorher auf ein zweites Frühstück beim Geissenhof Rona Halt gemacht zu haben. Immer wieder fällt uns auf, mit wie viel Liebe und Sorgfalt die Locals ihre Produkte herstellen – sei es dieser Ziegenkäse oder der frisch geröstete Kaffee, den ein unerschrockenes Team von Kaffee Aficionados seit Sommer 2020 in der stillgelegten Post in Bivio herstellt. Auch kulturell hat das Surses einiges zu bieten: sei es „Kino in der Scheune“ oder das Künstlerdorf Riom, in dem seit 2006 jährlich das Origen Kulturfestival stattfindet. Der Dorfplatz mit seinen schönen Fassaden und das Café Carisch mit seinen feinen Salons laden zum Verweilen ein – die Belle Epoque lässt grüßen!
Da Beine und Akkus noch ein bisschen Energie übrig haben, nehmen wir statt der Bergbahn von der Mittelstation Tigignas den nächsten Uphill selbst in Angriff. Über ein kurviges Serpentinensträßchen erreichen wir unser nächstes Nachtlager – das Tgamon auf der Alp Somtgant. Der als „Million Stars Hotel“ umgebaute Heuschober mit Sternenblick durchs Glasdach ist definitiv der beste Platz, um nach einem langen Biketag sanft und glücklich einzuschlafen. Allerdings wäre es natürlich kein vollkommener Alp Abend, wenn wir nicht vorher von Sennerin Maria und ihrem Mann Gottfried mit einem köstlichen Abend­essen und lokalem Schnaps verwöhnt worden wären.

Savognins Highlights Alp Alltag

Wer den Alp Alltag miterlebt, bekommt wahnsinnigen Respekt vor der Arbeitsleistung des Sennerpaars.

Savognins Highlights Million Stars

Schlafen im "Million Stars Hotel" - man fühlt sich aufgrund all der Tiere, als übernachte man auf der Arche Noah.

Der morgendliche Alp Alltag

Frühmorgens wecken uns Gottfried und eine zarte Symphonie aus Kuhglocken zum morgendlichen Melken, wobei die aufgehende Sonne das gesamte Tal in magisches Licht taucht. Durch Marias köstliches Frühstück auf der Sonnenterrasse gestärkt, geht es direkt zum spontanen Arbeitseinsatz – ein flinkes Kaninchen hat sich in der Nacht aus seinem Gehege befreit und muss wieder eingefangen werden. Als wir danach in der Sonne sitzen – inmitten von weidenden Kühen, grunzenden Schweinen, geschäftigen Gänsen, gackernden Hühnern, hoppelnden Hasen, der ein oder anderen Katze und zwei Boarder Collies –, den Blick auf Piz Mitgel, Piz Ela und Tinzenhorn gerichtet, den Geschmack frischer Milch und selbst gemachter Marmelade im Mund, macht sich die Gewissheit breit: So fühlt sich Frieden an.

Zur Region

Bike Region Savognin

Savognin

Stradung 42
7460 Savognin

+41 81 659 1616
ferien@savognin.ch
www.savognin.ch

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