Schmuggler Trail Ischgl

Text Holger Schaarschmidt Bild Stefan Schopf
Geschichten

Spannende Geschichten und alpine Trails

Schmuggeln war in Ischgl einst gang und gäbe. Wir wollten mehr erfahren und sind mit den Bikes auf Entdeckungstour zwischen Ischgl im Paznaun und dem Schweizer Engadin gegangen. Gefunden haben wir herrliche Trails in hochalpiner Landschaft und allerhand spannende Geschichten, die trotz allen Ernstes auch zum Schmunzeln anregen.

 
 
Schmuggler Trail Ischgl

Blick nach Ischgl und das Verwall vom Sassgalunkopf.

Emil Zangerl war mit über 86 Jahren einer der letzten Ischgler Zeitzeugen, die den Schmuggel noch selbst miterlebt hatten. Seit dem 18. Jahrhundert, als der Talschaft die von Kaiser Maximilian gewährten Zollfreiheiten genommen wurden, ergriffen die Menschen der Region vor allem in Notzeiten die Initiative. Sie zogen über die hochalpine Grenze, um Waren aus eigener Herstellung wie Butter, Käse oder Felle mit dem zu tauschen, was fehlte oder nicht erschwinglich war – Kaffee, Reis, Mehl, Tabak oder Saccharin. Warum Süßungsmittel, fragen wir uns, und erfahren, dass dieses einfach wesentlich leichter war als Zucker. Der Rucksack wog ohnehin schon zwischen 40 und 50 Kilogramm. Beeindruckt nehmen wir diese körperliche Leistung zur Kenntnis und schweigen darüber, dass in den Kreisen der Mountainbiker ein Rucksack mit mehr als fünf Kilogrämmchen dem Träger schon als Wahnsinn nachgesagt wird.
„Ein Katz und Maus Spiel war die Schmuggelei“, berichtete Emil. Wurde ein Schmuggler auf frischer Tat ertappt, blieb er zwar straffrei, musste jedoch seine komplette Ware abgeben, was hart genug war. Doch die pfiffigen Schmuggler waren den Zöllnern meist einen Schritt voraus. Als Auswärtige hatten diese natürlich weniger Ortskenntnis und waren den Einheimischen auch in Sachen Geschicklichkeit im Gelände unterlegen. Zudem bespitzelten die Ischgler die Ehefrauen der an und für sich freundschaftlich miteinander lebenden Kontrahenten und erfuhren dadurch die Zeiten der Wachablöse. Geschmuggelt wurde vorwiegend bei schlechtem Wetter und Dunkelheit, um nicht entdeckt zu werden.

Schmuggler Trail Ischgl

Legendär: der Schmuggler Trail am Ischgler Grenzkamm

Schmuggler Trail

Wir sind froh, bei Tageslicht und Sonnenschein alles zu sehen, als wir am schmalen Grat des Ischgler Grenzkamms stehen. Begleitet werden wir von Marc Freriks. Er ist seit mehr als zehn Jahren Mountainbike Guide in Paznaun – Ischgl und hat maßgeblich die Entwicklung des Bike Programms in der Region mitbestimmt. Als „Herr über die Trails“ kennt er sich brutal gut aus, wie uns die Locals anerkennend über den eigentlich „Auswärtigen“ bestätigen. Gemeinsam mit Marc wollen wir einige der Routen, die einst die Schmuggler wählten, in einer Mountainbike Schmugglertour nachverfolgen. Mit der Silvrettabahn und der anschließenden Flimjochbahn gelangen wir zum hochalpinen Start auf über 2.700 Meter Höhe. Schneereste vom letzten spätsommerlichen Wintereinbruch haben sich in den sonnenabgewandten Lagen gehalten. Eine frische Brise weht und wir genießen die immense Weite. Der Eindruck nimmt wohl jeden hier mit, denn kaum setzen die Fahrgäste der Seilbahn einen Fuß aus der Liftstation, so wird auch schon die Kamera gezückt. Am Pass befindet sich ein steril deplatziert wirkender Container, der die moderne Zollstation und somit die Grenze zur Schweiz markiert. Besetzt ist diese nur im Winter, erklärt uns Marc, während wir uns mit höhenbedingt gesteigertem Pulsschlag der steilen Rampe zur Bergstation der Greitspitzbahn auf 2.871 Metern nähern. Wie ein Presslufthammer klopft mir das Herz, als wir oben ankommen. Marc und Verena schauen dank elektrischer Unterstützung etwas entspannter.

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Auf schmalem Grat

Auf einem schmalen Bergkamm zwischen uns und dem Salaaser Kopf folgt der Schmuggler Trail etwa einen Kilometer dem Verlauf der Grenzlinie. Nichts für Menschen mit Höhenangst, denke ich mir, während meine beiden Begleiter geschmeidig den flowigen Trail entlanggleiten. Ein kurzer Anstieg, und wir befinden uns am Salaaser Kopf. Von hier erkennt man den Fuorcla da Val Gronda. „Über den Pass haben einst die Schmuggler den beschwerlichen Weg von Galtür zurückgelegt“, erklärt Marc. Heute bietet sich von dort eine epische Trailabfahrt zur Heidelberger Hütte, nachdem man vorher, vom Zeblasjoch aus kommend, etwa 300 Höhenmeter hinaufgeschoben hat.
Das sparen wir uns heute und widmen uns dem Schmuggler Trail, der nun auf der Schweizer Seite bis in die Talsenke am Planner Salaas führt. Abgesehen von vier Spitzkehren erwartet uns ein fahrtechnisch moderater Singletrail. Murmeltiere fetzen über die Almwiese. Am Alp Trider Sattel beginnt der Samnauner Flowtrail. Nach dem kurzen Gegenanstieg zuvor macht der wieder richtig Laune! Die Flimsattelbahn mit den charakteristischen, gelb orangen Hauben bringt uns zurück zu unserem morgendlichen Ausgangspunkt.

Schmuggler Trail Ischgl

Die Pyramide aus Fels und Geröll ist der Muttler (3.296 m).

Schmuggler Trail Ischgl

Der neue Singletrail Flimjoch.

Flimjoch Trail

Direkt neben dem riesigen fotogenen Ischgl Logo beginnt der neue Singletrail Flimjoch. In zahlreichen Anliegern und Kurven schlängelt sich dieser durch die hochalpine Gerölllandschaft bis in die Almwiesen an der Idalp. Nach einem kurzen Snack im Alpenhaus geht es weiter auf dem Paznauner Taja Trail, der sich durch die tiefgrünen Wiesen bis zur namensgebenden Alm zieht. Etliche Holzstege entschärfen die moorastigen Flächen des ansonsten fahrtechnisch einfachen Singletrails. Einzig die etwa fünfminütige Schiebepassage zum Sassgalunkopf, von dem sich ein toller Blick ins Fimbatal und nach Norden ins Verwall bietet, sorgt kurz für Schnappatmung.
Ein letzter kurzer Trailabschnitt von der Paznauner Taja Hütte bis zum Fahrweg ins Fimbatal ist fahrtechnisch durchaus schwierig, kann jedoch über den Fahrweg umgangen werden. Stufen, Spitzkehren und – zum ersten Mal am heutigen Tag – Wurzeln machen ihn jedoch zum krönenden Abschluss unseres heutigen Trail Programms. Rechts führt der Fahrweg als erste Option schnell aus dem Fimbatal zurück nach Ischgl. Linkerhand hingegen fehlen noch etwa acht Kilometer und 450 Höhenmeter bis zur Heidelberger Hütte und zum leckeren Kaiserschmarrn. Die Entscheidung fällt uns bei einer derartigen Ankündigung leicht, zumal wir schon von Weitem die Schönheit des Fimbatals erahnt haben.

Schmuggler Trail Ischgl

Der Paznauner Taja Trail.

Schmuggler Trail Ischgl

Das malerische Fimba, die Heidelberger Hütte im Talschluss.

Heidelberger Hütte

Moderat steigt die Schotterstraße bis in den Talschluss. An einem unscheinbaren, vom Wetter gezeichneten Hinweisschild überqueren wir erneut die Grenze zur Schweiz. Von hier sind es noch zwei Kilometer bis zur Hütte. Kühe und Pferde, die übrigens aus der Gemeinde Sent im angrenzenden Engadin herübergetrieben werden, kauen mit meditativer Hingabe und lassen sich weder vom aufgeregten Pfeifen der Murmeltiere noch von uns Mountainbikern beeindrucken. Ich erinnere mich wieder an die Geschichten Emil Zangerls. Mit langen Holzstäben überprüften hier einst stationierte Zöllner die mit Heu beladenen Pferdefuhrwerke, um nach Schmuggelgut zu suchen. Wie sie wohl sonst den Tag herumbrachten, in diesem einsamen Tal?, frage ich mich und beobachte schmunzelnd die stumpf dreinschauenden Kühe beim Widerkäuen. Mit einem Mountainbike unter dem Hintern wird es uns hier jedenfalls nicht langweilig … und dem E Bike erst recht nicht! 

Zur Region

Sonnenaufgang am Mittagkopf

Paznaun Ischgl

Dorfstrasse 43
6561 Ischgl

+43 50990100
info@paznaun-ischgl.com
www.ischgl.com

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