Flowtrail Paradies im Pfälzerwald

Unser Tête-á-tête mit den Glanrindern, einer alten pfälzischen Haustierrasse, ist ein kurzes, aber eindringliches Erlebnis auf unserem herbstlichen Streifzug durch das Reich des Vosegus. Dem keltischen Gott des Waldes und der Jagd verdankt die Mittelgebirgslandschaft, deren Grenzen sich im Lauf der Jahrhunderte immer wieder von Ost nach West und zurück verschoben haben, ihren Namen. Im Wasgau und in den Vogesen, auf beiden Seiten dessen also, was wir heute als deutsch-französische Grenze kennen, befinden sich ausgedehnte Wegenetze, die ihresgleichen suchen. Sie sind es, die uns (als bekennende Alpen Fans!) schon zum wiederholten Male in das Mittelgebirge im Südwesten der Republik locken.
Jedes Mal wieder sind wir erstaunt, wie unterschiedlich sich das Biosphärenreservat Pfälzerwald präsentiert. 20 verschiedene Touren mit bis zu 25 Prozent Singletrail Anteil führen durch die unterschiedlichen Ecken des riesigen Waldgebiets. Mal wähnt man sich inmitten der riesigen, roten Felsformationen aus griffigem Buntsandstein in Utah. Mal erinnert die ziegelrote Erde an die endlose Weite des brasilianischen Flächenstaates Bahia. Mal fühlt man sich angesichts des Kieferndufts und sandigen Trail Untergrunds an die Pazifikküste Kaliforniens versetzt. Ja, der Pfälzerwald hat viele Gesichter. Im Herbst ist es das des Indian Summers Neuenglands oder Ostkanadas.

Natural Flow Trail Paradise

Aber es ist nicht nur das schöne Antlitz dieser Landschaft, das uns hierher zieht, ihr kleingliedriges Relief und ihre enorme Formenvielfalt. Es sind die hervorragenden Angebote für Mountainbiker, die die Locals hier gemeinsam mit Politikern und Touristikern in einer Grassroots Bewegung geschaffen haben. Die Bikeparks in Trippstadt und Dahn wenden sich an die Liebhaber von viel Airtime, und im Singletrail Parcours Hochspeyer verführen Kehren, Stufen, Steilabfahrten und ein Slalomparcours dazu, die eigene Fahrtechnik zu verbessern.
Doch die meisten der Touren greifen auf ein sehr viel älteres Wegenetz zurück; ein Wegenetz, das über Jahrhunderte hinweg von vieler Menschen Schritte in die Flanken der Kegelberge und Höhenrücken getreten wurde. Und so wurden aus Pfaden, auf denen einst Köhler die Holzkohle zu den Hochöfen der Eisenwerke transportierten, auf denen Frauen ihren Männern die Brotzeit in den Wald brachten, auf denen die Menschen zur Arbeit in den Schuhfabriken strebten: Flowtrails. Flowtrails, die die begüterten Alpendestinationen mit Millionenbeträgen nachzuempfinden versuchen. Und doch meist kläglich scheitern, weil sich ihre Flowtrails mit dem hellen Brechsand so artifiziell ausnehmen.

Flow und der Gott der Trailhunter

Neben der Tatsache, dass wohl keinerlei schweres Gerät beim Trail Bau zum Zuge kam, ist vor allem der Zahn der Zeit dafür verantwortlich, dass die Wege im Pfälzerwald sich so „natürlich“ anfühlen. Sie integrieren Wurzeln, winden sich um Bäume, schlagen Spitzkehren, ergießen sich über Felsen und Findlinge – und verschmelzen so auf einzigartige Weise mit ihrer Umgebung. Weil viele von ihnen eine nur geringe Steigung aufweisen, ist es ein wahrer Genuss, sie auch bergauf zu fahren. Vosegus, der Gott der Trailhunter – er muss Mountainbiker gewesen sein.

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